Vorgestern traf ich Christian. Er ist Geschäftsführer eines regionalen Bauunternehmens mit 350 Mitarbeitenden. Obwohl das Unternehmen im Bezug auf Renomee und Auftragslage sehr gut dasteht, hat Christian ein großes Problem: Die im Unternehmen zu besetzenden offenen Positionen lassen sich immer schwerer besetzen.
Trotz der Schaltung von Stelleninseraten in Jöbbörsen und regionalen Zeitungen gab es in den letzten Wochen keinen einzigen Bewerber, der gepasst hätte. In unserem Gespräch fragte er mich, wie wir ihn beim Thema Employer Branding und in der digitalen Mitarbeitergewinnung unterstützen können.
Schon in unserem ersten Gespräch wurde rasch klar: Es muss eine neue Strategie in der Mitarbeitergewinnung her. Aber egal für welche künftigen Maßnahmen Christian sich auch entscheidet – am Anfang steht dabei die Frage:
Was ist der wichtigste Puzzlestein für erfolgreiches Employer Branding?
In diesem Beitrag möchte ich näher darauf eingehen, was der wichtigste Punkt im Employer Branding ist.
Für mehr Informationen rund um Employer Branding und regelmäßige Tipps, Case Studies und Erfolgsstorys für Ihre erfolgreiche digitale Mitarbeitergewinnung finden Sie auch hier auf unserem Youtube-Kanal.
Warum soll ich bei Dir arbeiten?
Viele Unternehmen fragen sich, was sie außer Stelleninseraten in Jobbörsen und beim Arbeitsmarktservice machen können, um die passenden Bewerber für die zu besetzenden Positionen zu bekommen.
Füttert man die Algorithmen von Google und Social Mediaplattformen mit der Suche nach Antworten, bekommt man schnell Vorschläge und Angebote zahlreicher Agenturen, die die neuesten Strategien in der digitalen Mitarbeitergewinnung präsentieren.
Der Einsatz ansprechender Karriere Webseiten, Active Sourcing, Social Recruiting, Mobile Recruiting Funnels u.v.m. werden von den Anbietern als zielführende Maßnahmen vorgeschlagen, um im „War for talents“ die richtigen Kandidaten zu finden – oder oftmals überhaupt qualifizierte Bewerber zu bekommen.
Die Verlockung ist groß, rasch einen neuen Recruiting-Kanal aufzumachen oder ein neues Tool, eine neue Software o.ä. einzusetzen. Aber das ist in den seltensten Fällen die richtige Lösung. Vor allem dann nicht, wenn man keine akkurate Antwort auf die wichtigste Frage in der Mitarbeitergewinnung hat. Sie lautet:
„Warum soll jemand in Ihrem Unternehmen arbeiten?“
Ich drücke es noch prägnanter aus: „Warum soll ich bei Dir arbeiten?“ und nicht beim Elektriker, Rechtsanwalt , Produktionsbetrieb, Bauunternehmen, Hotel… um die Ecke?
So einfach diese Frage klingt, so schwierig ist sie oft für viele Unternehmen zu beantworten. Vielleicht denken Sie jetzt: Moment mal, wir haben in unserer Firma einen tollen Job mit spannenden Aufgaben und guten Konditionen anzubieten. Mag sein. Aber sorry, das gleiche würde wohl jeder Betrieb über sich selbst sagen.
Um Missverständnisse an dieser Stelle gleich vorweg auszuräumen: Bei der Antwort auf die Frage „Warum soll ich bei Dir arbeiten?“ geht es nicht darum, schnell irgendetwas Neues zu erfinden. Es geht darum, sich seiner Stärken als Arbeitgeber bewusst zu sein und diese wirksam in der richtigen Zielgruppe zu kommunizieren.
Viele setzen lieber auf neue Tools und Hypes, statt sich intensiv mit dem Fundament einer erfolgreichen Arbeitgebermarke auseinanderzusetzen. Aber warum ist das so schwierig?
Arbeitgebermarke und der Fisch im Wasser…
Denken Sie an einen Fisch, der die ganze Zeit in einem Aquarium schwimmt. Er sieht das Glas der Aquariumwände und auch das Wasser rund um ihn herum nicht, weil es jeden Tag sieht und weil er den Anblick gewohnt ist.
Für viele Arbeitgeber, gerade im Mittelstand, ist es ganz normal, dass sie angemessenen Lohn/Gehalt pünkltich zahlen.
Auch wenn es für mich anfangs verwunderlich war: Trotz Arbeitsrecht und gesetzlicher Fristen ist z.B. die pünktliche Lohnzahlung in Handwerk und Gastronomie keine Selbstverständlichkeit. Sie ist nur selbstverständlich für die Betriebe, die eben genau das tun.
„Nicht geschimpft ist schon gelobt genug!“ ist leider kein Scherz! Die Arbeitgeberbewertungen auf kununu sind voller Kritik darüber, dass mit Mitarbeitern wenig wertschätzend umgegangen wird. Oder dass sie keine ordentlichen Arbeitsmaterialien haben, kaum Entwicklungsmöglichkeiten angeboten werden und vieles mehr.
Einige Arbeitgeber setzen heute auf Work-Life Balance, z.B. in Form einer Vier-Tage-Woche oder bieten andere Goodies und Benefits, aber sie kommunizieren es nicht angemessen nach außen.
Das hat zur Folge, dass das Unternehmen als attraktiver Arbeitgeber nicht sichtbar ist und vor allem gegenüber den großen Unternehmen leicht ins Hintertreffen gerät. Das muss aber nicht so sein.
Also greifen wir die Frage „Warum soll ich bei dir arbeiten?“ noch einmal auf und skizzieren eine Antwort.
Beschäftigen Sie sich mit Ihrer Bewerber-Zielgruppe
Der Beginn aller externen Employer Branding Maßnahmen beginnt mit der Definition Ihrer Bewerberzielgruppe und deren Bedürfnissen.
Stellen Sie sich dazu die folgenden Fragen:
- Wer sind meine idealen Bewerber?
- Wo halten Sie sich auf (online und offline)? Offline: Kino, Tankstelle, Baumarkt, Veranstaltungen. Digital: In welchen Foren, Blogs, auf welchen Social Media Kanälen? Zu welchem Thema?
- Was interessiert sie?
- Welche Hobbies haben sie? Reisen sie gerne? Wohin? Fahren sie gerne Motorrad, interessieren Sie sich für Rennrad oder Autorennen…?
- Welche Schmerzpunkte haben sie (wenn Sie noch in anderen Unternehmen arbeiten)?
Holen Sie Ihre Bewerber-Zielgruppe richtig ab
Eine Antwort auf die Frage: „Warum soll ich bei dir arbeiten?“ kann man nur dann geben, wenn man diejenigen, die man ansprechen möchte, in derem interessanten relevanten Thema abhole, also anspreche.
Das bedeutet vom Stelleninserat über die Karriere Website, über Social Media Ads oder was auch immer Sie in Ihrem Employer Branding und Recruiting Mix einsetzen, sind die Botschaften von zentraler Bedeutung.
Ein Beispiel für gelungenes Employer Branding aus dem Pflegebereich
Eine Pflegeorganisation, die uns für digitale Mitarbeitergewinnung und Employer Branding Begleitung beauftragt hat, weiß, dass eines der größten Schmerzthemen für Pflegekräfte die familienunfreundliche Dienstplangestaltung ist. Pflegemitarbeiter klagen meist über die folgenden Rahmenbedingungen:
- Schichtdienst und geteilte Dienste sind unangenehm, dauerndes Einspringen für erkrankte Kollegen ist keine Seltenheit. Pflegekräfte bekommen kaum mehrere Tage am Stück frei und können nicht mitbestimmen, welche Klienten sie betreuen wollen.
- Obwohl gesetzlich vorgeschriebenen, ist die Teilnahme an Fort und Weiterbildungen aus den obigen Gründen auch nicht immer möglich.
- Die Bezahlung im Pflegedienst ist gemessen an der phyischen und psychischen Arbeitsbelastung sagen wir es einmal so: bescheiden.
Deshalb hat sich diese Organisation entschieden, einiges anders zu machen als ihre Mitbewerber. Das betreffende Unternehmen hat sich schon vor unserer Zusammenarbeit folgendes überlegt:
- Eine 36 Stunden-Woche bei voller Bezahlung
- Eine komplett anderen Schicht Einteilung, als es alle anderen Mitbewerber machen ohne geteilte Dienste
- Echte, gelebte Kollegialität im täglichen Miteinander.
- Ein in der Pflege unübliches Prämiensystem
- Neue Mitarbeiter werden vom ersten Tag an als vollwertiges Teammitglied integriert statt hierarchischem Hickhack, Unzufriedenheit und Neiderei im Team
Tue Gutes und sprich darüber
Im Unternehmen herrscht eine unglaublich motivierte und engagierte Teamkultur. Das Interne Employer Branding war schon lange top.
Das einzige, was diese Pflegeeinrichtung „vergessen“ hat: Die für das Unternehmen mittlerweile selbstverständlich gewordene Unternehmenskultur wirksam nach außen zu kommunizieren – und da kamen wir ins Spiel. Mehr über internes und externes Employer Branding lesen Sie in diesem Beitrag.
Hier sehen Sie ein Beispiel einer Social Media Creative aus der Performance Recruiting Kampagne des Pflegeunternehmens, das genau auf den Schmerzpunkt der Zielgruppe abzielt.
Klicken Sie hier oder direkt auf das Bild, um den hinter der Performance Recruiting Kampagne stehenden mobile Funnel anzusehen, in dem die Auseinandersetzung mit der Frage „Warum soll ich bei Dir arbeiten“ konsequent umgesetzt wurde.
Übrigens: Diese Pflegeorganisation ist mit gerade einmal 30 Mitarbeitern sehr klein. Und gerade das ist die besondere Stärke. Im Gegenzug zu den etablierten großen Einrichtungen ist sie dadurch in vielen Dingen wesentlich wendiger, flexibler und schneller und ein menschlicher „Arbeitgeber zum Angreifen“. Authentischer geht es kaum.
Dieses Bespiel zeigt deutlich, dass erfolgreiches Employer Branding und erfolgreiche digitale Mitarbeitergewinnung auch ohne eigene HR-Abteilung und ohne großem Budget möglich ist.
Machen Sie den Check
Unser Online Employer Branding & Recruiting-Selbstcheck zeigt Ihnen in weniger als 3 Minuten, wie effektiv Ihre derzeitige digitale Mitarbeitergewinnung ist. Auf Wusch erhalten Sie gerne eine detaillierte schriftliche Auswertung.
Fazit
Eine Antwort auf die Frage „Warum soll ich bei Dir arbeiten?“ zu finden und dann etwas Entscheidendes anders zu machen als ihre Mitbewerber ist das Nr.1 Puzzlestück für erfolgreiches Employer Branding.
Die Antwort wird Ihnen die Eckpunkte für die Positionierung Ihrer Arbeitgebermarke liefern und dadurch Ihre Personalmarketing-Maßnahmen nicht nur kurzfristig, sondern vor allem langfristig weiterbringen.
Dass Employer Branding kein Sprint, sondern ein Marathonlauf ist, haben wir in vielen unserer Beiträge und Videos schon dargelegt. Ebenso, dass die konsequente Kommunikation Ihrer Andersartigkeit entlang der Erfüllung der Bedürfnisse Ihrer Bewerber Zielgruppe das ist, was die richtigen Inhalte zu den richtigen Menschen bringt.
Das wurde auch Christian klar und wir machen uns gerade gemeinsam auf die Reise. Vielleicht darf ich in einem meiner nächsten Beiträge darüber berichten.